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24. August 2015

"Berührungsängste abgebaut"

Helene Forster leistet als erste Freiwillige ihren Bundesfreiwilligendienst in der Asyleinrichtung in Ingelheim. Wir haben sie getroffen und sie nach ihren Eindrücken und Erfahrungen gefragt:

Foto: ASB/J.Kammerer

Hallo Helene, Du bist die erste Teilnehmerin am Bundesfreiwilligendienst in der Asyleinrichtung in Ingelheim. Jetzt bist Du schon einen Monat dabei. Wie ist Dein Eindruck bisher?

Am Anfang fiel es mir nicht so leicht, mich in den ungewohnten Strukturen zurecht zu finden, aber das hat dann schnell gut geklappt, auch Dank der netten Kollegen. Ich finde es auch gut, dass ich als Teil des Teams angesehen werde und meine Stelle für "voll" genommen wird.

Wie kam es zu der Entscheidung, ein Jahr lang einen Bundesfreiwilligendienst zu machen? Und wie bist Du auf die Stelle in Ingelheim gestoßen?

Ich brauche das Jahr zum Überbrücken, bis ich mit meiner Ausbildung anfangen kann. Vor allem wollte ich etwas machen, was ganz neu für mich ist und was mir hilft, mich weiterzuentwickeln. Aber es sollte auch eine soziale Arbeit sein, wo ich mit Menschen zusammen arbeite. Das ist in der Asylstelle ja ganz besonders spannend, weil hier viele verschiedene Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und Religionen zusammen treffen. Auf die Stelle wurde ich durch eine Freundin aufmerksam und durch die Internetseite des ASB.

Was sind Deine Aufgaben? Was machst Du so an einem typischen Tag?

Da ich hauptsächlich für Fahrdienste zuständig bin, fahre ich morgens zuerst zur Post und erledige ein paar Sachen für die Verwaltung. Danach müssen meistens schon die ersten Leute, die in eine andere Aufnahmeeinrichtung gehen, zum Bahnhof gebracht werden. Dort kaufe ich mit ihnen dann zusammen die Tickets und erkläre ihnen den Fahrplan. Diese Fahrten fallen den ganzen Tag über an. Ansonsten fahre ich gelegentlich mit Bewohnern zum Arzt und begleite sie dort, um ihnen vor allem bei sprachlichen Problemen zu helfen. Außerdem übernehme ich jeden Tag einen Kurierdienst zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Wenn ich zwischen diesen Fahrten Zeit habe, helfe ich im Sozialdienst oder bei der Sachmittelausgabe und Spendenannahme aus. Und meistens ist dann schon ganz schnell der Tag rum.

Fällt Dir der Umgang mit den Menschen aus anderen Ländern und Kulturen leicht? Ist nicht allein die Sprachbarriere ein Hindernis in Deinem Arbeitsalltag? Wie verständigt ihr euch?

Natürlich ist es erst einmal ungewohnt auf für uns alltägliche Dinge Rücksicht zu nehmen aufgrund der Kultur oder Religion der Bewohner. Aber ich habe mich da sehr schnell dran gewöhnt und auch schnell Berührungsängste abgebaut. Eine große Hilfe dabei ist, sich einfach mit den Leuten zu unterhalten - da frage ich dann schon 'mal, wo sie herkommen, mit wem sie da sind und wie sie Deutschland finden. Da die meisten Englisch sprechen funktioniert das ganz gut. Und ich finde es faszinierend, wie unterschiedlich die Geschichten der Leute sind.

Hier sind aktuell mehr als 700 Menschen untergebracht. Es ist schon viel los – aber gleichzeitig wirkt es auch ruhig und familiär. Was bekommst du von den Schicksalen der einzelnen Flüchtlinge mit?

Es kommt sehr darauf an, ob die Flüchtlinge länger da sind und ob sie Englisch sprechen. Da ich meistens unterwegs bin, habe ich auch nur zu denen ein bisschen mehr Kontakt, mit denen ich schon zusammen beim Arzt war oder denen ich anderweitig geholfen habe, bzw. ob sie mir schon 'mal geholfen haben, zum Beispiel als Sprachmittler.  Mit allen Flüchtlingen kann man ja sowieso nicht in Kontakt treten, deshalb ist es immer schön, wenn ich jemanden auf dem Flur treffe, den ich kenne.

Wie ist die Unterstützung durch die Kollegen? Mit wem arbeitest Du zusammen?

Meine Kollegen sind alle sehr hilfsbereit und aufgeschlossen mir gegenüber. Wir haben ein gutes Arbeitsklima. Überwiegend arbeite ich mit den Kollegen vom Transfer-Büro zusammen, aber auch mit dem medizinischen Dienst, den Hausmeistern, der Verwaltung, dem Sozialdienst ...- eben alle die eine Fahrt zu machen haben.

Der ASB sucht aktuell noch weitere Teilnehmer für den Bundesfreiwilligendienst. Was sollte Deiner Erfahrung nach der ideale Freiwillige mitbringen?

Ein bisschen Englisch sollte er können, aber man lernt auch schnell, sich zu verständigen, wenn man nicht so fit in der Sprache ist. Außerdem sollte man schon ausdauernd und aufgeschlossen sein, damit man bereit ist, sich auf die einzelnen Flüchtlinge immer wieder neu einzustellen.

Vielen Dank für Deine Zeit.